
Ein Wassertropfen fiel vom Himmel. Und als er fiel, drehte er sich im Kreis, wie ein kleines Kind, wenn es einen Reigen tanzt. Man sah es nur, wenn man genau hinsah. Denn er war klein und schimmerte gläsern in der Sonne, die hinter den Wolken hervorblitzte. Der Wassertropfen fiel und fiel, bis er dachte, er könnte nicht mehr weiter fallen. Dann landete er auf einem Stein. Der Stein war kalt und flach und glitschig. Der Wassertropfen blieb nicht lange auf ihm liegen. Er rutschte hinunter und plumpste auf die Erde. So lag er eine Weile und wusste nicht, was nun geschehen sollte.

Da kam ein Vogel vorbei und setzte sich neben ihn. Der Wassertropfen sah die schwarzen Füße, wie sie dünn und knorpelig im Boden scharrten. Er sah den gelben Schnabel, wie er sich im bunten Federkleid juckte. Und er sah, wie der Vogel auf ihn zukam. Plötzlich wurde er gepackt und flog mit ihm hinauf in den Himmel. So weit, bis er dachte, er könnte nicht mehr weiterfliegen.

Dann sah er die Tanne stehen, grün und kräftig, apart und schön. Der Vogel setzte sich auf einen großen Ast und ließ ihn los. Der Wassertropfen landete ein wenig tiefer, blieb hängen und kullerte hin und her, zwischen kleinen Zweigen und grünen Nadeln. Wie eine Murmel in einem Spielzeug-Labyrinth, bis ihm schwindelig war und er nicht wusste, wie das jemals aufhören sollte. Plötzlich lachte die Tanne, denn ein Windhauch kitzelte sie an den Ästen und Zweigen, die im Winde zitterten. Da fiel der Wassertropfen aus seinem Labyrinth ins Leere, tief und tiefer. Und der Wind trug ihn fort, schneller und schneller, bis er dachte, er könnte nicht mehr weiter fortgetragen werden.
Doch dann sah er den Fluss, wie er blau und schön durch das Tal floss. Und er wollte hineinfallen, wie ein Kind in seine Kissen fällt, wenn es abends müde zu Bett geht. Denn ihm war, als müsse er sich ausruhen von seiner Reise. Wie würde es schön sein, sich treiben zu lassen ohne still zu liegen, gepackt zu werden oder hin und her zu kullern. Wie würde es schön sein, Gleiches neben sich zu spüren und zu fließen, wohin der Fluss nur fließen würde. Er bat den Wind, ihn loszulassen. Doch der blies so laut, dass er ihn nicht hörte. Er blies auch sehr fest und wirbelte den Wassertropfen durch die Luft wie ein Stück Etwas im Sturm, das jemand arglos auf die Straße geworfen hatte. Der Wassertropfen wirbelte nach rechts und nach links und nach oben und nach unten, bis er dachte, er könnte nicht mehr schlimmer gewirbelt werden.
Da wurde er an der Hand genommen und der Wassertropfen erschrak über die Entschlossenheit, die ihm begegnete. Doch dann spürte er den Fluss, wie er ihn in sich aufnahm und alle anderen Tropfen, die schwer und schnell vom Himmel fielen.

Und es war schön, wie er Gleiches neben sich spürte und leis‘ im Takt dahinfloss. Dahin, wo der Fluss ihn treiben würde.